5. FAZIT
Hiermit neigt sich der Ausstellungsteil seinem Ende entgegen. Unsere vorrangig chronologische und beispielhafte Untersuchung diverser Aspekte der Münzprägung und Münzpolitik mit Blick auf den Übergang von der Römischen Republik zur Kaiserzeit und insbesondere auf die Regierungszeit des Augustus (31 v. Chr. – 14 n.Chr.), hatte sich einem ganz bestimmten Vorhaben gewidmet. Über allem stand die Frage, ob und inwieweit anhand von Veränderungen in den Münzbotschaften und Münzsystemen Rückschlüsse auf den jeweiligen Herrscher, seinen Regierungsstil und seine Selbstsicht sowie historische Ereignisse oder politische Absichten wiederzufinden sind. Handelt es sich doch bei Münzen um ein sehr praktikables Medium, das auch heute noch in Gebrauch und omnipräsent, staatlichen Einflüssen und politischen Entwicklungen ausgesetzt ist und sowohl ikonographische wie epigraphische Informationen enthält.
Dieser Eindruck von der Münze als antikem Massenmedium hat die Entwicklung der Fragestellung wesentlich begründet und soll zum anderen auf die prekäre Beachtung von Münzen als äußerst ertragreicher Quelle der Geschichtswissenschaft aufmerksam machen. Vor allem der Abschnitt, der Form und Inhalte der res gestae mit der Münzprägung vergleicht, hat gezeigt, dass auf Schriftquellen beruhende historische Interpretationen durch numismatische Quellen nicht in jedem Fall gestützt werden und zu diesen gelegentlich sogar als konträr aufgefasst werden können. Praktische Funktionen und die Verbreitung sowie die Eigenarten und wichtigen Merkmale von Münzen sind ebenfalls betrachtet worden und ergänzen die Befunde. Im Wesentlichen lassen sich die Ergebnisse aber auf zwei Ebenen unterscheiden: Den (politischen) Einfluss des Staates beziehungsweise des jeweiligen Herrschers auf der einen und die neben der ökonomischen eher sekundär ersichtliche Funktion der Münze als Mittler von Botschaften unterschiedlichen Gehaltes auf der anderen Seite. Die auffälligsten Ergebnisse werden hier nun abschließend noch einmal zusammengefasst.
In der Römischen Republik erforderte die Vormachtstellung in Mittelitalien zur Einigung der Gebiete und zum Ausgleich ökonomischer Unterlegenheit den Aufbau eines eigenen Geldwesens. Das Vorkommen von Rohstoffen wurde durch die eroberten Gebiete in den Samnitenkriegen sichergestellt. Der Staat übernahm die Bürgschaft für Gewicht und Feingehalt der Metalle und passte das Währungssystem den äußeren Bedingungen an. Außerdem war er in Gestalt des Senates zuständig für die Wahl von drei Münzmeistern, die den Prägevorgang überwachten. Zunächst wurde die griechische Didrachme, auch aus ökonomisch praktischen Gründen, in den besiegten Ländereien eingesetzt. Eine allmähliche Romanisierung lässt sich anhand der Münznominale und Symboliken jedoch bereits zeitnah ausmachen. Lokale Prägeserien waren kaum noch vorhanden, die meisten Münzen kamen fortan aus Rom, wurden optisch und funktional zunächst uniformiert und später dann wieder individualisiert.
So vielfältig die verschiedenen Münzabbildungen, so vielfältig waren auch ihre Intentionen. Zu Beginn der römischen Münzprägung lag der Fokus auf einer eher einheitlichen Gestaltung, um den Wiedererkennungswert des Objektes zu steigern. Vorrangig wurden Symbole gewählt, die den römischen Staat positiv darstellten und seine militärischen Erfolge feierten. Ereignisse der Geschichte und der Tagespolitik sollten eine möglichst große Zielgruppe ansprechen und die Metalle gerade über Inschriften und den Faktor der Multiplikation und Zirkulation als Nachrichtenmedium dienen. Eine weitere Intention lässt sich mit der Festigung der römischen Vorherrschaft ausmachen, welche eine flexiblere Gestaltung, wenn auch lediglich der Rückseite, möglich machte. So wählten die verantwortlichen Münzmeister Verweise auf ihre Vorfahren oder den Ruhm des eigenen Geschlechts, um sich selbst ein Erinnerungsmedium zu schaffen.
Der durch die Bürgerkriege eingeleitete Wechsel von der Republik zum Prinzipat war so einschneidend, dass er sich auch im Münzwesen wiederspiegelte. Bereits während der Kämpfe zwischen Caesar und Pompeius entstanden u.a. mobile Münzstätten zur Besoldung der Soldaten. Militärische Symbole kamen auf den Münzen gehäuft vor. Oft verwiesen einzelne Feldherren auch über die Symbole auf ihre göttliche Abstammung, um sich und ihre Absichten zu legitimieren. Ein einzigartiges Novum stellte der per Senatsbeschluss geduldete Bruch des religiösen Tabus, das Porträt eines Lebenden (Caesar) auf Münzen abzubilden dar. Münzen sind damit verstärkt als Zeugnisse der Selbstdarstellung, gar der Selbstverherrlichung bis hin zur Vergöttlichung, zu betrachten. Während des Triumvirats wurde zunächst die Einigkeit des Dreierbunds betont. Insbesondere muss aber die Referenz auf Caesar und dessen politische Agenda universale Gültigkeit gehabt haben, wie der Zwist zwischen den Triumvirn zeigt. Dass der amtierende princeps immer auch ein Auge auf die Münzmeister und ihre, die eigenen Machtansprüche gefährdenden, individualisierenden Darstellungen hatte, liegt auf der Hand. Genauso galt es aber, sich das Wohlwollen des Volkes zu sichern, indem man ihm wichtige Angelegenheiten wie Stabilität und Einigkeit auf die Münzen brachte. Mit der Sicherstellung der eigenen Machtansprüche nahm die Selbstinszenierung schließlich augenscheinlich wieder etwas ab.
So lässt sich konstatieren, dass anhand von Veränderungen in den Münzbotschaften und Münzsystemen in dem von uns spezifisch untersuchten Zeitraum, dem Übergang von der Republik zum Prinzipat, sehr wohl deutliche Rückschlüsse auf den jeweiligen Herrscher und seinen Herrschaftsstil sowie historische Ereignisse oder politische Absichten ablesen lassen. Allgemein sind Münzen Quellen mit einem großen kommunikativen Potenzial. Ihr massenhaftes Vorkommen erlaubt es, Aussagen zu treffen, die über die zufällige Überlieferung hinausgehen. Zudem bestehen antike Münzen aus nahezu unvergänglichen Materialien wie Kupfer, Bronze, Silber oder gar Gold, die auch qualitativ die Überlieferung der Quelle sichern. Ferner beabsichtigten ihre Urheber, mit Münzen durch schriftliche wie bildliche Informationen unterschiedliche Gesellschaftsschichten anzusprechen, auch wenn die Interpretation der abgebildeten Symbole nicht unbedingt immer jedem gelang und bis heute zu Forschungskontroversen führt. Schließlich handelt es sich aber um einen elementaren ökonomischen und medialen Alltags- und Gebrauchsgegenstand, dessen Bedeutung bis ins Jahr 2020 reicht.
(Hannah Kortemeyer)
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