1. MITTELALTER (800-1500)
1.1 Von der Karolingischen Münzreform bis zur Epoche des Fernhandelsdenars (800-1125)
Die Karolingische Münzreform beginnt mit dem ersten König der Karolinger Pippin der Jüngere. Dieser herrschte von 751–768. Unter ihm wurde das Münzsystem zentralisiert: Bis auf einige wenige weltliche und geistliche Ausnahmen war damit das Münzrecht gänzlich beim König. Damit reduzierte Pippin III. auch die vorhandenen Münzstätten auf 20-40 und alte Münzen der Merowinger wurden aus dem Umlauf entfernt. Im Edikt von Vernon (754/755) wurde der neue Münzfuß von Pippin festgelegt – fortan wurde ein Pfund römisches Silber zu 327 g auf 22 Solidi aufgeteilt, welche wiederum zu je 12 Denaren mit je 1,24 g aufgewogen wurden. Der Solidus, oder auch Schilling, ist in diesem Münzfuß bloß eine Recheneitzennheit.
Unter seinem Nachfolger Karl der Große (768-814) erfuhr der Münzfuß 793/794 weitere Anpassungen. Karl ersetzte das römische Pfund durch das schwerere Karlspfund (408 g), welches sich in 20 Schillinge zu je 12 Pfennigen à 1,7 g aufteilte. Dieses System war in Großbritannien sogar bis 1971 noch in Gebrauch. Zudem durften Münzen nur in den kaiserlichen Pfalzen geprägt werden. Alte Münzen ließ Karl auch hier aus dem Umlauf entziehen und gebot in der Frankfurter Synode (794) die ausschließliche Nutzung seiner neuen Münze. Goldmünzen waren unüblich bis gar nicht vorhanden. So gab es unter Karls Herrschaft nur kurze Zeit Goldtrienten, nämlich nach der Eroberung des Langobardenreiches von 774–781, welche dann ebenfalls durch Pfennige aus Silber ersetzt wurden.
Weitere Münzreformen in der Zeit der Karolinger lassen sich auf Ludwig den Frommen (814–840) zurückführen, welcher Goldsolidi als Handelsmünze, aber nicht als Währungsgeld, prägen ließ. Drei Prägetypen lassen sich während seiner Regierung unterscheiden: Portraittyp (Portrait des Münzherrn), Stadtnamentyp (Stadtname auf der Münze) und der Christiana-Religio-Typ (christliche Symbolik auf der Münze). Weitere Ausnahmen sind der friesische Handelsort Dorestad und Bayern, welches wahrscheinlich aufgrund des Donauhandelns mit (Fern-)Ost einen weiteren Umlauf mit Goldsolidi aufwies. So war dort auch ein veränderter Münzfuß feststellbar, in welchem sich das Pfund auf 8 sogenannte Langschillinge zu je 30 Pfennigen aufschlüsselte. Die Reformen Pippins und Karls führten im Verbund mit der Durchsetzung der neuen Münze zu einer Festigung der Silberwährung. Insgesamt ist die Zeit der Karolingischen Münzreform bis zur Epoche des Fernhandelsdenars als eine Zeit der Silberpfennige zu definieren. Nach damaligem ermessen wurde in „reinem“ Silber geprägt, da die technischen Möglichkeiten fehlten, die Verunreinigungen vollständig zu beseitigen.
Doch kam es bereits unter den Nachfolgern Karls zu weiteren Veränderungen: So blieb zwar der Münzfuß erhalten, doch das Gewicht des Pfennigs fluktuierte unter den karolingischen Königen stark. Dies liegt auch an der vorherrschenden al marco Prägung, bei welcher das Gewicht der Münzen nicht einzeln, sondern in Gruppen überprüft wurde. So konnten Einzelstücke von der Norm abweichen. Zudem waren damalige Waagen noch nicht so präzise wie die Heutigen. Auch die Zentralisierung des Münzrechts auf den König wurde aufgehoben und auf geistliche und weltliche Institutionen erweitert. So wurde 833 erstmals dem Kloster Corvey an der Weser das Münzrecht verliehen.
Mit dem Tod von Ludwig dem Kind (900–911) endete die ostfränkische Linie der Karolinger und die Teilung des fränkischen Reiches war endgültig. Nicht nur vervielfachten sich die deutschen Münzstätten auf über 100 im 10. und 11. Jahrhundert, sondern auch die Münzausprägungen nahmen seit 950/975 zu, da Otto III. das Münzrecht vermehrt an geistliche Institutionen verlieh. Auch wurde ab dem 11. Jahrhundert nicht mehr nur im Namen und mit dem Bild des Königs/Kaisers geprägt, sondern vermehrt auch mit den Namen von Bischöfen, Äbten, Herzögen und Grafen als Münzherren. Es kristallisierten sich damit drei Arten von Münzstätten heraus: Königliche, Geistliche und Weltliche.
Diese Bewegungen führten zu einer weiteren Zersplitterung des deutschen Münzwesens. Aus dieser Zeit liegen nur vergleichsweise wenige Münzfunde in Deutschland vor. Stattdessen treten diese vermehrt skandinavischen Nord- und slawischen Osteuropa auf. Dies spricht dafür, dass die damaligen Pfennige (lat. Denare) durch ihr hohes Gewicht eine geeignete Fernhandelsmünze waren. Häufige außerhalb von Deutschland gefundene Pfennige waren der Kölner Pfennig, der Regensburger Pfennig, die anonymen Sachsen- oder Wendenpfennig sowie Pfennige aus Mainz, Speyer und Worms. Der aber am häufigsten vorkommenden Pfennig war der sogenannte Otto-Adelheid-Pfennig. Das geringe Aufkommen der Pfennige in Funden innerhalb Deutschlands ist mit dem geringen binnenwirtschaftlichen Geldverkehr der damaligen Zeit zu erklären, welcher sich in der vorherrschenden Grundherrschaft (Villikation) begründet. Denn die einzelnen Villikationen waren relativ autark und waren somit nicht auf eine Versorgung durch z.B. Märkte angewiesen und somit auch nicht auf Geld, auch wurden die meisten Abgaben der damaligen Zeit in Naturalien oder Arbeitsleistungen getätigt. Zudem war die Grundherrschaft das vorherrschende System auf dem Land, wo der Großteil der Bevölkerung lebte. Geld beschränkte sich also auf den Markt und/oder die Stadt und wurde überwiegend im Außenhandel verwendet.
Otto-Adelheid-Pfennig
Goslar, wahrscheinlich Otto III., undatiert (Ende 10. bis 11. Jahrhundert),
Vs.: Kreuz, in den Winkel O-D-O-D; Umschrift +D-I G-A + REX.
Rs.: Holzkirche; Umschrift ATTEAH…
AR, 15mm, 1,58g, 12h
Hatz Typ III, 15.
Niedersächsisches Landesmuseum Hannover Inv.-Nr.: 01:003:036.
Sachsen-/Wendenpfenning
Unbestimmte Münzstätte, Erzbistum Magdeburg, undatiert (11. Jahrhundert)
Vs.: Kirchengiebel auf vier Säulen mit einem Kreuz in der Mitte; Umschrift +IIIIIOIIIIOIIIIOIIIII.
Rs.: Kreuz mit einer Kugel in jedem Winkel; Umschrift ᴗ+ᴗIIIIIIIII•O•IIIIIIII.
AR, 21,5 x 22 mm, 1,38g
Dannenberg 1325 Typ.
Niedersächsisches Landesmuseum Hannover Inv.-Nr.: 01:012:002.
Unbestimmte Münzstätte, Ludwig der Fromme, undatiert (814-840)
Vs.: Kirchengiebel, mit Kreuz an der Spitze, auf vier Säulen mit einem Kreuz in der Mitte; Umschrift XPISTIANARELIGIO.
Rs.: Kreuz mit einer Kugel in jedem Winkel, umgeben von einem (Perlen-)Kranz; Umschrift +HLVDVVICVSIMP.
AR, 19,5-20 mm, 1,71g
Morrison/Grunthal 472 vgl.; Prou 987 ff. vgl.
Niedersächsisches Landesmuseum Hannover Inv.-Nr.: 93:000:001.
Regensburg Pfennig
Regensburg, Gebhard III. von Regensburg, 1056-1060
Vs.: Frontale Büste mit Pendilienkrone, außen doppelter Perlkreis, darin Schrift; Umschrift GARDVS EPS.
Rs.: Gerade Stadtmauer mit Portal, darüber kleines Gebäude, außen doppelter Perlkreis, darin Schrift; Umschrift RATISPONA.
AR, 19,9mm, 0,91g, 9h.
Staatliche Münzsammlung München Inv.-Nr.: D-1-7835-0598(Nr. 123).11.
Goslar
Goslar, Heinrich III. (1039-1056),
Vs.: +HE[INRICHVS I]MPR Bärtiges Brustbild von vorne mit Giebelkrone und seitlich herabhängenden Pendilien.
Rs.: +S[IMON] S IVDAS Die bärtigen Brustbilder der Apostel Simon und Judas nebeneinander von vorne.
AR, 18,5 x 19mm, 1,29g
Dannenberg 668a.
Niedersächsisches Landesmuseum Hannover Inv.-Nr.: 01:011:019.
Mit zunehmender Urbanisierung erhöhten sich jedoch der Geldbedarf und Geldumlauf. Dies hatte zur Folge das im Laufe des 10. und 11. Jahrhunderts der Feingehalt der Münzen abnahm und gegen Ende des 11. Jahrhunderts Pfennige weniger überregional und mehr regional verwendet wurden. Dies bestätigen auch Münzfunde aus jener Zeit. Der überregionale Pfennig mit seinem schweren Gewicht wandelte sich in einen leichteren regionalen Pfennig. Die schon am Anfang des Abschnitts erwähnte Auflösung der Zentralisierung, die Aufsplitterung des Reiches in kleine Währungsregionen und die Zunahme der Geldmenge hatten zur Folge, dass spätestens am Ende des 11. Jahrhunderts das einheitliche Währungssystem der Karolinger aufgelöst worden war. Fortan prägten eine Vielzahl der Münzbilder und ein verkürzter Umlaufzeitraum durch vermehrte Münzwechsel (Münzverrufungen) das Geldwesen des Reiches.
Quellen
- Bühler, Johannes: Das Frankenreich. Nach zeitgenössischen Quellen, Leipzig 1923, S. 397-402 (zuletzt abgerufen am 23.06.2020: https://archive.org/details/dasfrankenreichn00bhuoft/page/396/mode/2up).
- Leges Saxonum und Lex Thuringorum, hrsg. Von Claudius Freiherrn von Schwerin, in: MGH Fontes iuris 4, Hannover und Leipzig 1918, S. 45-49 (zuletzt abgerufen am 23.06.2020: https://www.dmgh.de/mgh_fontes_iuris_4/index.htm#page/(45)/mode/1up)
Literatur
- Kluge, Bernd: Numismatik des Mittelalters. Band 1: Handbuch und Thesaurus Nummorum (Veröffentlichungen der Numismatischen Kommission Band 45), Berlin 2007.
- Klüßendorf, Niklot: Münzkunde. Basiswissen (Hahnsche Historische Hilfswissenschaften), Hannover 2009.
- Sprenger, Bernd: Das Geld der Deutschen. Geldgeschichte Deutschlands von den Anfängen bis zur Gegenwart, 2., durchgesehene und ergänzte Auflage, Paderborn 1995.
(Sönke Thomas Ahlers)
1.2 Zeit der regionalen Pfennigmünze – Stauferzeit und Interregnum (1125-1273)
Im 12. und 13. Jahrhundert kam es zu vielen Städtegründungen sowie einer zunehmenden Landflucht in diese. Durch die gestiegene Bedeutung der Städte stieg auch der urbane Handel. Über das dichter werdende Netz städtischer Märkte konnte ökonomisch überregional agiert werden. Zusätzlich konnte die ländliche Bevölkerung ihre Erzeugnisse (Überschussproduktion) verkaufen und somit Geld erwerben. Im Zuge dessen wurden auch das Münzgeld und die Kontrolle der Währung wichtiger. Daher versuchten regionale Herrscher durch eigene Münzprägungen diese Kontrolle zu erlangen. 1220 wurde ihnen dieses Recht durch eine Urkunde Kaiser Friedrichs II. schriftlich zugestanden. Der Pfennig blieb die wichtigste Form der Münze, hier hatte insbesondere der Kölner Pfennig unter den vielen regionalen Münzen eine Vorrangstellung im Reich. Dennoch gab es viele unterschiedliche Pfennige mit unterschiedlichen Münzbildern, Gewichten und Geltungsbereichen.
Ein Umtausch der Münzen in eine andere Währung war zumeist nur mit erheblichen Wechselverlusten möglich. Überregional handelnde Kaufleute lösten dieses Problem durch uneinheitliche Silberbarren, die sie in den jeweiligen Städten erst wiegen ließen und dann zu einem besseren Kurs gegen die einheimische Währung verkauften. Eine anderer Lösungsansatz war der sogenannte Wechsel – eine schriftliche Zahlungsanweisung über einen bestimmten Betrag zu einem festgelegten Zeitpunkt. Ferner löste die Mark das Pfund als Gewichtseinheit ab, welche wie die Pfennige ebenfalls große regionale Unterschiede mit sich brachte.
Gewicht der Kölner Mark (Gewichtseinheit) = 215,496 g, ab der Mitte des 13. Jahrhunderts = 233,812 g |
Gewicht des Kölner Pfennigs (Zahlungsmittel) = 1,46 g |
1 Kölner Zählmark (Rechnungseinheit) = 12 Schilling = 144 Kölner Pfennige |
Wichtig zu erwähnen ist, dass der Wert der Münzen nicht durch die Herrscher garantiert wurde, sondern letztlich auf dem Münzgewicht (Feingehalt an Edelmetall) basierte. Diesen Umstand versuchten unterschiedliche Gruppen auszunutzen. Die Landesfürsten, die die Kontrolle über die Münzprägungen in ihrem Territorium besaßen, führten regelmäßig (mehrmals jährlich) sogenannte Münzverrufungen durch. Hierbei rief der Herrscher alle Münzen seines Gebietes zurück und tauschte sie gegen neue ein. Oftmals wogen die neuen Münzen dabei weniger oder wurden zu einem ungünstigen Wechselkurs herausgegeben, sodass der Fürst durch die Münzverrufung einen Gewinn erzielen konnte. Logischerweise kämpften vor allem die Städte gegen diese Münzverrufungen, da für ihren überregionalen Handel eine stabile Währung wichtig war.
Neben den Herrschern versuchten weitere Personen sich mithilfe des Münzsystems zu bereichern. Aufgrund der Münzverrufungen waren oft noch Münzen im Umlauf, die schwerer waren als offiziell angegeben. Diese wurden eingeschmolzen und dann über Wert verkauft. Die beschriebene Methode funktionierte nicht nur dank der Verrufungen, sondern auch aufgrund der Prägung al marco, bei der eine bestimmte Anzahl an Münzen gewogen wurde. Die Stücke wurden also nicht einzeln, sondern in der Masse gewogen und danach ein Durchschnitt des Einzelexemplars errechnet. So waren leichtere und schwerere Münzen im Umlauf. Die schwereren eigneten sich zum Einschmelzen und Verkaufen. Die Münzverrufungen und das Einschmelzen führten zu einem ständigen Gewichtsverlust der Münzen.
Um die Münzverrufungen effektiv durchführen zu können, wurden die Brakteaten eingeführt. Diese waren sehr dünn und wurden nur einseitig geprägt, allerdings sehr künstlerisch gestaltet, um die Unterschiede zu den Vorgängern zu verdeutlichen. Weitere wichtige Münzen (neben den Brakteaten und dem Kölner Pfennig) waren der Pfennig aus Schwäbisch Hall – der Heller – und der englische Sterling. Letzterer wurde durch den Handel mit den Britischen Inseln, den Beziehungen der welfischen Familie (welche mit Otto IV. auch einen Kaiser stellte) mit der englischen Königsfamilie sowie die Zahlung des Lösegeldes für den englischen König Richard Löwenherz verbreitet. Besonders beliebt war der Sterling in Westfalen, dort wurde er auch oft nachgeprägt. Diese Beliebtheit ging so weit, dass er mit dem Kölner Pfennig gleichgesetzt wurde. Der Heller, eingeführt von Kaiser Friedrich I. Barbarossa, wurde in Schwäbisch Hall geprägt und war daher vor allem in Süd- und Westdeutschland beliebt. Er war dünner, weniger wert als die süddeutschen Brakteaten und wurde nicht kunstvoll gestaltet, sondern trug nur eine Hand und ein Kreuz im Münzbild. Allerdings war der Wert des Hellers stabil, da er nicht von Münzverrufungen betroffen war. Außerdem war er im Gegensatz zu den Brakteaten nicht leicht zerbrechlich.
Gewicht des Sterlings = 1,46 g = Gewicht des Kölner Pfennigs |
Gewicht des Hellers = 0,55 g. 3 Heller = 1 Kölner Pfennig |
In der Zeit der Thronstreitigkeiten zwischen dem Welfen Otto IV. und den Staufern Philipp von Schwaben und Friedrich II. wurden die Münzbilder der Brakteaten auch für propagandistische Zwecke der Herrscher genutzt. So finden sich auf Münzen aus den Gebieten der Anhänger Ottos IV. Münzbilder mit einem gekrönten Löwen, eine Anspielung auf Ottos Vater, den Herzog Heinrich, der den Beinamen „der Löwe“ trug. Gekrönt wurde dieser allerdings nicht, dennoch wird die Intention des Münzbildes deutlich: Die welfische Familie sollte die Krone tragen, nicht die Staufer.
Kölner Pfennig
Erzbistum Köln, Engelbert I., 1217-1218, Köln.
Vs.: ENGELBE-RTVSMI. Sitzender Bischof mit Krummstab und Mitra, dazu einem Buch in der Hand.
Rs.: SAN…COLONIA. Torturm zwischen zwei wehenden Fahnen.
AR, 16,0mm, 1,41g, 12h
Hävernick 621 vgl.
Universitätsbibliothek Leipzig. Inv.-Nr. 2002/0249.
Der Kölner Pfennig war im 13. Jahrhundert, der Zeit des regionalen Pfennigs und der Zersplitterung der Währung, eines der wichtigsten Zahlungsmittel im Reich. Das vorliegende Exemplar zeigt auf der Vorderseite einen sitzenden Bischof, erkennbar am Krummstab und der Mitra, mit einem Buch in der Hand. Wahrscheinlich wird es sich hier um die Bibel handeln. Aufgrund der Schriftzüge lässt sich als Entstehungsort die Stadt Köln ausmachen. Die Münzherren über die Kölner Pfennige waren die Kölner Erzbischöfe. Geistlichen Fürsten wurde das Münzrecht früher gestattet als weltlichen, 1218 war das Münzrecht für weltliche Fürsten allerdings noch nicht verschriftlicht. Als Münzherren kommen Engelbert von Berg und Engelbert von Falkenburg in Frage. Laut Kenom-Datenbank entstand der Pfennig zwischen 1217 und 1218, also in der Regierungszeit Engelberts von Berg.
Brakteat (Hohlpfennig)
Reichsgebiet Pleißenland, Otto IV., 1206-1215, Zwickau?
Vs.: INPAT- OR OTTO. Gekrönte Person (Kaiser?) sitzend mit Lilienstab und Reichsapfel. Seitlich zwei Türme und neben dem Kopf eine Kugel mit Innenpunkt.
AR, 34mm, 0,9g
Thieme 848.
Universitätsbibliothek Leipzig. Inv-Nr. 1999/2243.
Die Brakteaten (Hohlpfennige) waren nur einseitig geprägt. Außerdem waren sie dünner und leichter als die zweiseitigen Pfennige. Die künstlerische Gestaltung der Brakteaten ist ebenfalls gut zu erkennen. Hier ist Kaiser Otto IV. abgebildet, der sich in Thronstreitigkeiten mit dem Staufer Philipp von Schwaben befand. Otto wird mit Krone, Stab und Reichsapfel, also den Reichsinsignien, gezeigt, die ihn als Kaiser ausweisen. Die Inschrift könnte als „Imperator Otto“ aufgelöst werden.
Otto IV. (1195-1218 Herzog, ab 1198 König, ab 1209 Kaiser), Brakteat
Vs.: +BRVNEWICENSIS MONETAI. Gekrönter Löwe nach rechts über Burganlage mit Tor und drei Türmen.
AR, 27,0 x 27,5mm, 0,8 g
Berger 648.
Landesmuseum Hannover. Inv.-Nr. 01:027:008.
Der Brakteat Ottos IV. zeigt den gekrönten Löwen, der auf die Königswürde des Welfen hinweist. Er stammt aus dem umfangreichen Brakteatenfund von Chotin (Akkerman) von 1889.
Handheller
Friedrich II., 1230-1270, Reichsmünzstätte Schwäbisch Hall.
Vs.: HALLA. Hand mit abgestrecktem Daumen in Fadenreif. Unten zwei Kugeln.
Rs.: Kreuz mit vier Gabeln, darin Kugeln. Außen Kreis mit abwechselnd Kugeln und Kreuzen.
AR, 18,2mm, 0,73g, 1h
Raff 11.
Staatliche Münzsammlung München. Inv.-Nr. 13-0016.
Der Pfennig aus Schwäbisch Hall, genannt Heller, war in Süd- und Westdeutschland beliebt. Sein Münzbild mit Hand und Gabelkreuz, dem Wappen der Stadt Schwäbisch Hall, ist hier gut zu erkennen. Durch dieses immer gleiche Münzbild ist die Datierung allerdings schwierig. Der Heller war leichter und weniger wert als der Kölner Pfennig und nicht kunstvoll gestaltet. Dennoch konnte er andere Währungen verdrängen, da er nicht von Münzverrufungen betroffen und weniger zerbrechlich war. Eingeführt wurde er von Kaiser Friedrich I., das vorliegende Exemplar stammt entweder aus der Zeit seines Enkels Friedrich II. oder aus dem Interregnum.
Sterling
Ludwig IV., 1314-1328, Aachen.
Vs.: LVDOVICVS ROM REX. Gekröntes Portrait in Perlkreis, Schriftzug außen mit Adler oben in der Mitte.
Rs.: MON ETA AQVE NSIS. Langkreuz, dass die Münze in vier Segmente teilt. Oben rechts ein Adler, in den anderen drei Teilen drei Kugeln, gesamte Rückseite in Perlkreis.
AR, 18,3mm, 1,19g, 6h
Beierlein 138.
Staatliche Münzsammlung München. Inv-Nr. 6-01966.
Bei der vorliegenden Münze handelt es sich um einen Sterling, welcher nach dem Vorbild des englischen Sterlings geprägt wurde. Die englischen Sterlinge gelangten vor allem durch den Nordseehandel in das Reich und waren in Westfalen beliebt. In diesem Fall wurde die Münze in der Zeit Ludwigs IV. vor dessen Kaiserkrönung („REX“ – König statt „IMP“ – Kaiser) geprägt. Die entsprechende Münzstätte befand sich in Aachen, wie dank dem Schriftzug „Moneta Aquensis“ erkennbar ist.
Literatur
- Büttner, Detlev; Helmut Reit. 1999. Zur Münzprägung der welfischen Lehensgrafen von Wölpe, in: Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte 48/49: S. 185-200.
- Klüßendorf, Niklot. 2009. Münzkunde. Basiswissen, Hannover: Hahn.
- Kümper, Hiram. 2014. Materialwissenschaft Mediävistik. Eine Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften, Paderborn: Schöningh.
- Reitz, Helmut. 1999: Ein ungewöhnlicher Brakteat Heinrichs des Löwen, in: Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte 48/49: S. 181-184.
- Sprenger, Bernd. 2002. Das Geld der Deutschen. Geldgeschichte Deutschlands von den Anfängen bis zur Gegenwart, 3. akt. und erw. Auflage. Paderborn; München: Schöningh.
- Trapp, Wolfgang, Torsten Fried. 2014. Handbuch der Münzkunde und des Geldwesens in Deutschland. Mit 59 Tabellen und 31 Abbildungen, 3. Auflage. Stuttgart: Reclam.
(Kai Michael Hnida)
1.3 Die Entstehung differenzierter Währungssysteme – Das Spätmittelalter
Die Zeit des Spätmittelalters zwischen dem Interregnum und den Reichsmünzordnungen übernahm die Probleme des späten Hochmittelalters und brachte zudem neue Herausforderungen: Die Städte wuchsen, die Landflucht war weiterhin in Gange. Das erhöhte den Geldbedarf weiter. Zudem prägte sich der Handel weiter aus. Da das Münzprägerecht weiterhin als eine Möglichkeit zur Bereicherung gesehen wurde, waren auch die stetigen Münzverschlechterungen immer noch ein Problem. Zudem kam es in Bayern im 15. Jahrhundert aufgrund politischer Konflikte zur einer massiven Inflation. Versuche, dagegen Abhilfe zu schaffen, gab es mehrere. Neben den immer schlechter werdenden Pfennigen wurden weitere Silbermünzen eingeführt, dazu schwere Goldmünzen.
Dennoch konnten die regionalen Pfennige sich weiter durchzusetzen, die Goldmünzen waren meist dem Fernhandel vorbehalten und dienten daher als eine Art überregionale Ober- oder Parallelwährung, nicht als neues Währungssystem. Neben den Landesfürsten bekamen ausgewählte Städte das Recht zur Münzprägung verliehen, was die Zersplitterung der Währung weiter förderte. Um dem vorzubeugen wurden, Münzvereine gegründet, die bekanntesten waren der Rheinische (für den Binnenraum des Reiches) und der Wendische (für den Hanseraum) Münzverein sowie der Rappenmünzbund (für den süddeutschen Raum). Durch verschiedene Verträge versuchten diese Vereine die Währungen ihrer Mitgliedsstädte zu stabilisieren.
Der Groschen war eine Silbermünze und entstand zunächst in Frankreich als Gros Tournois bzw. Grossi Turonenses und entsprach dem Wert eines Zählschillings. Dieser erfreute sich großer Beliebtheit im Reich und wurde oft nachgeprägt, u. a. in Böhmen als Prager Groschen, im Rheinland als Weißpfennig oder im Nordosten als Witte. Allerdings nahm auch das Feingewicht des Groschens mit der Zeit stark ab.
1 Gros Turnois = 4,22g = 4 Kölner Pfennige |
1 Gros Turnois = 1 Schilling = 12 französische Pfennige |
1 Witte = 4 Kölner Pfennige |
1 Weißpfennig = 12 Heller = 24 Kölner Pfennige |
1 Prager Groschen = 4 g Silber |
Eine weitere bedeutende Silbermünze der Zeit war der Kreuzer. Erstmals in Tirol im 13. Jahrhundert eingeführt, wurde er nach dem Doppelkreuz auf seiner Rückseite benannt. Im 16. Jahrhundert war seine Bedeutung in Süddeutschland am stärksten und auf dem Niveau der Pfennige. 100 Jahre zuvor kam in Süddeutschland auch eine Vierkreuzermünze, der Batzen, auf. Wie bei den zuvor erwähnten Münzen auch, sanken der Silbergehalt und das Gewicht des Kreuzers und des Batzens stark.
1 Batzen = 4 Kreuzer = 16 Kölner Pfennige |
Durch die gestiegene Bedeutung des Fernhandels stieg auch der Bedarf an größeren Münzen an, weshalb nun auch Goldmünzen aufkamen. Die bekannteste ist der Florentiner Gulden, welcher erstmals 1252 in Florenz geprägt wurde. Im 14. Jahrhundert breitete der Gulden sich dann nördlich der Alpen aus, blieb aber eine Währung, die im Normalfall nur von Kaufleuten genutzt wurde. Der Gulden war also eine überregionale Oberwährung. Dennoch wurde er auch im Reich geprägt, u. a. in Böhmen und Lübeck. Per Vertrag wurde der Gulden 1386 im Rheinischen Münzverein zur wichtigsten Münze erhoben. Neben dem Gulden war der Dukat (bzw. die Zechine) als Goldmünze beliebt, welcher ab 1284 in Venedig geprägt wurde. Gewicht und Wert entsprachen ungefähr denen des Guldens. In Frankreich und England kamen weitere, schwerere Goldmünzen auf. Allerdings waren auch die Goldmünzen von der Münzverschlechterung betroffen.
1 Florentiner Gulden = 3,52 g Gold. 1 Dukat/Zechine = 3,5 g Gold |
Der Fernhandel zeigte sich dann auch für die Entstehung erster bargeldloser Zahlungssysteme und bankenähnlicher Geschäfte verantwortlich. Die Kaufleute mussten nicht nur die verschiedenen Regionalmünzen immer wieder eintauschen, sondern diese auch transportieren. Ein Wechselsystem ohne Bargeld war daher bequemer, auf den Reisen aber auch sicherer. Kunden konnten die regionalen Münzen bei Geldwechslern einlagern lassen. Danach konnten sie den Betrag per Schuldschein bei einem anderen Geldwechsler eintauschen lassen. Sie konnten allerdings auch über den Betrag auf ihrem Konto verfügen und einem anderen Kunden zur Verfügung stellen, quasi eine Art vormodernes Giro-Geschäft. Ab dem 14. Jahrhundert funktionierte dies dann nicht nur persönlich, sondern auch schriftlich per Auftrag oder Scheck. Dieses System ist aus Frankfurt und Nürnberg überliefert, deutlich effizienter und vor allem öfter fand es sich aber in Italien. Dennoch wurde die Geldmenge durch die bargeldlosen Vorgänge nicht erhöht, da diese immer durch Bargeld gedeckt waren.
Meißner Groschen
Landgrafschaft Thüringen, Friedrich IV., 1406-1440, Freiberg.
Vs.: FR]IDᴏDIᴏGRAᴏTVRINGᴏL[AN]GR[AVIS. Lilienkreuz im Vierpass.
Rs.: GROS]SVS MARCh MIS[NE]NSI[S]. Löwe nach links steigend.
AR, 18,6mm, 2,38g, 12h
Krug 580-583 vgl.
Landesmuseum für Vorgeschichte Halle. Inv.-Nr. 8938:00098:206.
Die vorliegende Münze ist ein sogenannter Meißner Groschen, erkennbar an der Inschrift und dem Meißner Löwen. Der Groschen entstand zunächst in Frankreich, wurde aber schnell auch im Reich beliebt und oft nachgeprägt, bspw. als Prager Groschen, als Weißpfennig oder als Witte. Trotz seiner Größe und seines Gewichtes war auch der Groschen von Münzverschlechterungen betroffen. In diesem Fall hat sich das Gewicht von ursprünglich 4,22g des französischen Gros Tournois schon auf 2,38g verringert.
Kreuzer
Erzherzogtum Österreich, Sigismund I., 1477-1482, Hall in Tirol.
Vs.: ´SI GIS MVND DVS. Doppelkreuz.
Rs.: COMES TIROL. Reichsadler.
AR, 18,6mm, 0,89g, 9h
Tursky/Moser 54.
Landesmuseum Württemberg. Inv-Nr. MK 6825-346.
Der typische Aufbau des Kreuzers mit dem namensgebenden Doppelkreuz auf der Vorder- und dem Reichsadler auf der Rückseite ist hier gut nachvollziehbar. Der Kreuzer ist in Tirol entstanden, allerdings rund 200 Jahre vor Prägung dieser Münze. Münzherr war in den Jahren 1477-1482 der österreichische Erzherzog Sigismund der Münzreiche, der zeitglich auch Graf von Tirol war, wie die Inschrift zeigt. Der Beiname Sigismunds zeigt an, dass in seiner Regierungszeit besonders viele Münzen in Österreich und Tirol geprägt wurden.
Goldgulden
Herzogtum Bayern, Johann III., 1419-1425.
Vs.: JOH C P R D. Petrus mit Buch und Schlüssel in den Händen, unter ihm das bayerische Weckenschild.
Rs.: MON – NOV – LVC – BVR. Vierteiliges bayerisches Wappenschild, von vier kleinen Wappen umgeben.
AV, 22,9mm, 3,42g, 10h
Delmonte 392.
Staatliche Münzsammlung München. Inv.-Nr. 6-02021.
Ab dem 14. Jahrhundert breiteten sich nördlich der Alpen Goldmünzen aus Italien aus. Genutzt wurden sie hauptsächlich von Kaufleuten für den Fernhandel. Eine der bekanntesten dieser Goldmünzen war der Gulden aus Florenz. In diesem Fall wurde er im 15. Jahrhundert von Herzog Johann III. von Bayern-Straubing nachgeprägt, wahrscheinlich im Herzogtum Luxemburg. Die Wappen zeigen das Herzogtum an, in welchem die Münze geprägt wurde. Die Inschriften wiederum zeigen den Münzherren an, wodurch auch die Zeit und die möglichen Prägestätten eingegrenzt werden.
Stadt Lüneburg, 1440-1493, mit Gegenstempel von Lübeck (doppelköpfiger Adler).
Vs.: MO NO LVNEBOGE Johannes der Täufer steht von vorne mit Lamm.
Rs.: FRIDERICVS RO NOR REX Reichsapfel in Dreipass.
AV, 23,0mm, 3,35g, 7h
Mader 52b.
Landesmuseum Hannover. Inv.-Nr. 05:099:048.
Die Vorderseite ist mit einem Gegenstempel von Lübeck versehen. Die erstmals 1252 in Florenz geprägten Goldgulden wurden zur Leitwährung des europäischen Spätmittelalters. Dennoch unterlag sie einem permanenten Wertverfall. Es bestand im Alltag immer wieder große Unsicherheit über den tatsächlichen Wert der zahlreichen unterschiedlichen Gulden unterschiedlicher Herkunft. Hochwertige fremde Gulden wurden ebenso wie die silbernen Groschen durch städtische Kontrollstempel bewertet. Die Gegenstempelung nahm keine Rücksicht auf das Aussehen der Münzen, die zwangsläufig verbogen wurden.
Dukat
Kirchenstaat, 1439(?), Rom.
Vs.: S PETRVS – SEN – ATOR VRBIS. Zwei Personen, links Petrus, stehend, der eine Fahne an eine knieende Person überreicht.
Rs.: ROMA CAPVT – MVNDI SPQR. Stehender Christus.
AV, 20,6mm, 3,53g, 1h
Biaggi 2126.
Staatliche Münzsammlung München. Inv.-Nr. 01-00053.
Der Dukat ist die zweite italienische Goldmünze, welche nördlich der Alpen Verbreitung fand. Wie auch der Gulden wurde der Dukat hauptsächlich für den Fernhandel gebraucht. Die vorliegende Münze zeigt, dass auch die Päpste prägen ließen. Der ursprünglich aus Venedig stammende Dukat wurde im Kirchenstaat nur wenig verändert: Die Inschrift bezieht sich auf den Papst, nicht auf den venezianischen Dogen. Die antike Formulierung „Senatus populusque romanus“ findet sich ebenfalls auf der Münze.
Literatur:
- Klüßendorf, Niklot. 2009: Münzkunde. Basiswissen, Hannover: Hahn.
- Kümper, Hiram. 2014: Materialwissenschaft Mediävistik. Eine Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften, Paderborn: Schöningh.
- Sprenger, Bernd. 2002: Das Geld der Deutschen. Geldgeschichte Deutschlands von den Anfängen bis zur Gegenwart, 3. akt. und erw. Auflage. Paderborn; München: Schöningh.
- Trapp, Wolfgang, Torsten Fried. 2014. Handbuch der Münzkunde und des Geldwesens in Deutschland. Mit 59 Tabellen und 31 Abbildungen, 3. Auflage. Stuttgart: Reclam.
(Kai Michael Hnida)
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